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Schneiden, schleifen, bohren – viele Tätigkeiten auf Baustellen erzeugen einen enormen Lärm. Die Schallwellen haben es in sich, denn sie können das Hörvermögen langfristig schädigen und bis zur Taubheit führen. Besonders tückisch: Sind die Gehörschäden erst einmal da, können sie nicht mehr geheilt werden.
Zudem begünstigt Lärm weitere gesundheitliche Probleme wie erhöhten Blutdruck, Stress und Schlafstörungen und damit das Auftreten von Herz-Kreislauf- Erkrankungen. Menschen, die arbeitsbedingtem Lärm ausgesetzt sind, reagieren zudem häufig abgelenkt, sind unkonzentrierter und überhören im schlimmsten Falle (lebens-)wichtige akustische Signale wie zum Beispiel die Zurufe ihrer Kolleginnen und Kollegen – wodurch das Unfallrisiko bei der Arbeit nachweislich steigt.
Lärm bezeichnet jegliche Form von unerwünschtem Schall, der die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen beeinträchtigen kann.
Schall breitet sich als mechanische, wellenförmige Schwingungen gleichmäßig in alle Richtungen aus. Die Frequenz gibt die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde an. Je höher die Frequenz, desto höher ist der Ton. Je höher die Amplitude, also die Ausprägung der Schallwelle, desto höher der Schalldruck.
Das Maß für die Lautstärke ist der Schalldruckpegel (L) in Dezibel (dB). Der Zusammenhang zwischen Schallpegeldruck und empfundener Lautstärke ist nicht linear/gleichmäßig: Eine Zunahme der Lautstärke um 3 dB ist für uns deutlich hörbar. Sie entspricht sogar einer Verdopplung der Intensität. Auf der Baustelle bedeutet das: Tätigkeiten, die 3 dB(A) lauter sind als andere, können im Vergleich nur noch halb so lang ausgeführt werden, ohne dass sich die Lärmbelastung erhöht.
Als doppelt so laut empfindet das menschliche Gehör dagegen einen Unterschied von 10 dB. Je nach Stärke des Schalldrucks bedeutet dies aber bereits eine Verzehnfachung der potenziellen Gefahr!
Das menschliche Gehör ist bei unterschiedlichen Frequenzen unterschiedlich empfindlich: In Abhängigkeit von der Tonhöhe nehmen wir Töne mit gleichem Schalldruck als unterschiedlich laut wahr. Daher wurden für die Angabe der Lautstärke verschiedene Bewertungsfilter eingeführt. Der im Arbeitsschutz gebräuchlichste ist die sogenannte Frequenzbewertung A, mit der der Schalldruckpegel L angepasst an das menschliche Hörempfinden in dB(A) angegeben wird.
Bereits ab einem Schallpegel von 65 dB(A) wirkt sich Lärm auf den Körper aus: Adrenalin wird ausgeschüttet, der Puls erhöht sich. Bei Menschen, die dauerhaft einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A) oder mehr ausgesetzt sind, können nach und nach die Haarsinneszellen, die für die Übertragung des Schalls im Innenohr zuständig sind, Schaden nehmen und langfristig sogar absterben. Extrem laute Schallereignisse wie etwa Explosionen oder Knalle können auch unmittelbar eine bleibende Gehörschädigung auslösen.
„Unser Ohr hat keine natürlichen Schutzfunktionen gegen Lärm“, sagt Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG BAU. „Das größte Problem sind die Langzeitfolgen.“ Das belegen die Daten: 2021 war Lärmschwerhörigkeit mit 2.882 Fällen die Berufskrankheit mit den meisten Verdachtsanzeigen in der Bauwirtschaft und den baunahen Dienstleistungen. Rund 18 Millionen Euro jährlich gab die BG BAU in den vergangenen fünf Jahren für Heilbehandlungen, Rehabilitation und Renten aus. Kosten, die für die gesamte Branche anfallen. Wirksamer Schutz gegen Lärm ist machbar – auch und gerade am Bau. Was Unternehmen dafür im Einzelnen zu beachten haben, ist in der Lärm- und Vibrationsarbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArb- SchV) verbindlich geregelt.
In der Verordnung sind bestimmte Auslösewerte festgelegt, deren Erreichen oder Überschreiten Schutzmaßnahmen erfordert, und die zudem für die arbeitsmedizinische Vorsorge der betroffenen Beschäftigten relevant sind:
Damit ist der Lärmpegel gemeint, der gemessen über einen achtstündigen Arbeitstag verteilt im Schnitt bei oder über 80 Dezibel dB(A) liegt oder einen kurzzeitigen Spitzenpegel von 135 dB(C) erreicht. Dann ist unter anderem persönlicher Gehörschutz zur Verfügung zu stellen.
Liegt dieser sogenannte Tages-Lärmexpositionspegel, bezogen auf eine Acht-Stunden-Schicht, bei oder über 85 Dezibel dB(A) oder wird ein kurzzeitiger Spitzenpegel von 137 dB(C) erreicht, hat der Arbeitgeber Lärmbereiche zu kennzeichnen. In diesen Bereichen muss Gehörschutz getragen werden!
Für die Verantwortlichen ist häufig nicht ohne Weiteres zu beantworten, ob die vorgegebenen Auslösewerte an den jeweiligen Arbeitsplätzen erreicht werden. Zudem variieren auf Baustellen die Arbeitsbedingungen, verschiedene Gewerke sind nebeneinander tätig und viele Arbeiten laufen zeitgleich ab.
Dementsprechend vielstimmig setzt sich die Geräuschkulisse zusammen, die sich zudem beständig ändert und deren Lärmpegel auch vom Standort der einzelnen Beschäftigten, deren Abstand zu den Lärmquellen oder den Wirkungen möglicher Schallreflexionen (etwa in geschlossenen Räumen), abhängig ist. Folglich kann die Lärmbelastung meist nicht zuverlässig ermittelt werden, was die Gefährdungsbeurteilung erschwert. Generell empfiehlt sich eine Schallpegelmessung. Alternativ gibt es folgende Hilfestellungen:
Die „Allgemeinen Schallpegeltabellen“ der Schweizerischen Unfallversicherung (SUVA) sind nach Branchen gegliedert und weisen typische Belastungswerte für die jeweils eingesetzten Maschinen und die dort ausgeführten Tätigkeiten aus. Die Tabellen sind auch über den Lärmbelastungsrechner ADM abrufbar.
Neben dem Lärm am Arbeitsplatz wirkt sich auch Lärm in der Freizeit auf das menschliche Gehör aus. Der Lärmbelastungsrechner für Arbeit – Disco – MP3-Player (ADM) zeigt, wo die Schwerpunkte der individuellen Lärmbelastung liegen und wann sich aus dieser Belastung möglicherweise ein Hörverlust entwickelt. Zusätzlich veranschaulichen Musik- und Sprachbeispiele, wie sich dieser Hörverlust tatsächlich einmal anhören könnte.
Nicht immer lassen sich lärmintensive Arbeitsmittel und Arbeitsverfahren vermeiden (etwa bei Abbrucharbeiten). Ist geklärt, mit welchen Lärmaufkommen bei den geplanten Tätigkeiten zu rechnen ist, haben die Verantwortlichen im Unternehmen die Aufgabe, wirksame Schutzmaßnahmen in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen. Nach dem Grundsatz „Verhältnis vor Verhalten“ folgen die Maßnahmen dabei dem TOP-Prinzip: technisch vor organisatorisch vor persönlich. Demnach sollte man zuerst leisere Maschinen einsetzen, bevor die Aufenthaltszeit in Lärmbereichen verkürzt wird oder auf Gehörschutz zurückgriffen werden muss. Mehr zu den Schutzmaßnahmen auf einen Blick.
„Unser Ohr hat keine natürlichen Schutzfunktionen gegen Lärm!“
Ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung und den darin bestimmten Lärmschutzmaßnahmen sind Beschäftigte zum Schutz vor diesen Belastungen zu unterweisen. Die Unterweisung erfolgt vor Aufnahme der Beschäftigung und danach in regelmäßigen Abständen, jedoch immer bei wesentlichen Änderungen der belastenden Tätigkeit. Sie muss in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache erfolgen und mindestens folgende Informationen enthalten:
Nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) haben Beschäftigte je nach Lärmbelastung Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen, etwa durch den AMD der BG BAU. Eine Pflichtvorsorge müssen betroffene Beschäftigte wahrnehmen, wenn bei ihrer Arbeit einer der oberen Auslösewerte erreicht oder überschritten wird. Dagegen ist ihnen eine arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten, wenn dies bei einem der unteren Auslösewerte der Fall ist.
Beschäftigten mit einer als Berufskrankheit anerkannten Lärmschwerhörigkeit bietet die BG BAU eine individuelle Präventionsberatung direkt am Arbeitsplatz an. Betroffene Versicherte und Unternehmen erfahren, wie sich die Lärmbelastungen und eine Verschlimmerung der Erkrankung vermeiden lassen.
Um den Nachwuchs für die Gefährdung durch Lärm zu sensibilisieren,organisiert die BG BAU Jahr für Jahr bundesweit einen „Tag gegen den Lärm“ an den Ausbildungszentren. Auszubildende erleben, wie Lärm wirkt, und lernen, sich wirkungsvoll dagegen zu schützen.
Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
6. Juni 2023