Porträt Wolfang Molitor, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV).
Bild: BIV
Im Gespräch

„Arbeitsschutz muss praktikabel sein“

Wolfgang Molitor, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger- Handwerks (BIV), sagt im Interview, vor welchen Herausforderungen die Reinigungsbranche steht und wie der Arbeitsschutz in der Praxis gelebt werden kann.

Herr Molitor, welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrem Verband und gibt es hierbei Schnittmengen zu Ihrem Engagement bei der BG BAU?

Das Reinigungsgewerbe ist das personalintensivste Handwerk in Deutschland. Viele große Unternehmen sind in unserem Verband organisiert. Unser Ziel ist es, die Branche bei aktuellen und zukünftigen Herausforderungen zu unterstützen. Da ist beispielsweise der Fachkräftemangel – die Anzahl unserer Auszubildenden ist seit Jahren rückläufig. Da müssen wir zwingend gegensteuern, weil es ohne qualifiziertes Personal nicht geht. Veränderungen gibt es aktuell auch in der Arbeitswelt, etwa durch das zunehmende Homeoffice, was sich zum Beispiel auf die Einsatz- und Arbeitszeiten auswirkt. Bei der BG BAU und auch an anderer Stelle setzen wir uns dafür ein, dass neue Regelungen praktikabel für den Arbeitsalltag sind und nicht nur zu weiterer Bürokratie führen. Dabei steht für uns außer Frage: Der Arbeitsschutz ist und bleibt enorm wichtig!

Illustration eines Lautsprechers mit Briefen.
Bild: Julien Eichinger - stock.adobe.com

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Was sind typische Gefährdungen in der Reinigungsbranche und welche Möglichkeiten haben die Unternehmen, ihre Beschäftigten vor diesen zu schützen?

Lassen Sie mich zwei klassische Gefährdungen nennen: In der Reinigung wird nicht selten in der Höhe gearbeitet, etwa bei der Fassadenreinigung. Dort besteht dann die Gefahr von Ab- und Durchstürzen. Die Branche ist inzwischen breit über sicheres Arbeiten in der Höhe informiert und setzt etwa Stufenleitern und Hubarbeitsbühnen ein. In manchen Kommunen gibt es aber leider viele Auflagen, wenn man eine Hubarbeitsbühne im öffentlichen Raum aufstellen will. Eine zweite typische Problematik geht vom Kontakt mit Reinigungsmitteln aus, da hierdurch etwa Hauterkrankungen entstehen können. Um dies zu verhindern, stellen die Unternehmen ihren Beschäftigten hochwertige Schutzhandschuhe zur Verfügung. Außerdem werden sie in der richtigen Nutzung der Handschuhe unterwiesen – etwa zum Umschlagen der Handschuhkrempe, damit keine Flüssigkeit in den Ärmel läuft.
 

Porträt Wolfang Molitor, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbands des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV).
Bild: BIV

Zur Person

Wolfgang Molitor ist seit Anfang 2022 Hauptgeschäftsführer des BIV. Der Politikwissenschaftler war zuvor mehr als zehn Jahre lang Geschäftsführer der Landesinnung der Gebäudereiniger Nordost. Neben seiner Tätigkeit beim BIV engagiert er sich unter anderem bei der BG BAU und ist seit 2023 Mitglied des Vorstands für die Arbeitgeberseite.

 

Wie schaffen Sie es, die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an die junge Generation zu vermitteln?

Die Jugend kommt häufig aus einem geschützten Raum. In der Schule oder in der Familie hatte sie bisher nicht viel mit Gefahren zu tun. Hier heißt es in einem ersten Schritt, sie für die realen Gefährdungen in unserem Handwerk zu sensibilisieren. Das ist Aufgabe der Ausbildung und gelingt in der Regel auch gut. Seit diesem Jahr haben wir eine Azubi-App, ein digitales Berichtsheft, in das Azubis ihre Ausbildungsinhalte und täglichen Arbeitserfahrungen eintragen. Mit der App arbeiten sie häufiger als mit den analogen Heften. Außerdem ermöglicht dies regelmäßigen Kontakt zur Ausbilderin oder zum Ausbilder – das ist für unsere Branche mit ihren vielen dezentralen Einsatzorten sehr wertvoll. Denkbar wäre, künftig über die App auch die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an unsere Azubis zu vermitteln.

Wolfgang Molitor, Hauptgeschäftsführer BIV, sitzt an seinem Schreibtisch.
Wolfgang Molitor, Hauptgeschäftsführer BIV, sitzt an seinem Schreibtisch.
Bild: BIV

Die BG BAU unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen mit Arbeitsschutzprämien, Medien, Bildungsseminaren und mehr. Welche Angebote werden von Ihren Mitgliedern gut angenommen? Was wünschen diese sich darüber hinaus?

Die Arbeitsschutzprämien sind in unserer Branche schon ein Begriff und werden etwa für Anschaffungen im Bereich Absturzprävention genutzt. Allerdings könnten die Prämien noch bekannter und einfacher im Abruf sein. Wichtig sind für uns niedrigschwellige, schnell verfügbare Angebote, weil die Unternehmensleitungen natürlich noch viele weitere Aufgaben haben und im Alltag wenig Zeit bleibt. Wünschen würden wir uns zum Beispiel ein Tool für digitale Unterweisungen, das am besten mehrsprachige Inhalte bietet. Das käme auch wieder unserer dezentralen Struktur entgegen, weil bei uns die Beschäftigten häufig eigenständig von Objekt zu Objekt unterwegs sind und sich entsprechend selten in größeren Gruppen treffen.

Konnte auch die Reinigungsbranche vom technischen Fortschritt der letzten Jahre profitieren? Wie verbreitet sind zum Beispiel Reinigungsroboter und Exoskelette?

Ja, der technische Fortschritt zeigt sich in unserer Branche an vielen verschiedenen Stellen, wichtige Stichworte sind in diesem Zusammenhang unter anderem Sensorik und Automation. Dabei sind es nicht immer die großen Maschinen, die uns voranbringen. Beispielsweise hat die Einführung des Mikrofasertuchs viel verändert, weil es durch seine feine Struktur eine deutlich bessere Schmutzaufnahme hat und die Reinigungsleistung erhöht. Auch können wir die Reinigungsbezüge für unsere Wischer inzwischen in der Waschmaschine, zum Beispiel mit einer desinfizierenden Lösung, imprägnieren. Beim Einsatz werden dann nur noch die vorbereiteten Bezüge genutzt, ein Auswaschen und Auswringen vor Ort ist nicht mehr nötig – das hat auch Vorteile für die Ergonomie. Seit zehn Jahren gibt es zunehmend Reinigungsroboter. Wir setzen diese ein, merken aber auch, dass sie von Personal betreut werden müssen und nicht vollständig allein arbeiten können.

12. Dezember 2024

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