Arbeitswelt im Wandel

Roboter am Bau

Gut für die Branche und die Beschäftigten: Roboter können viele gefährliche, schwere, schmutzige und eintönige Tätigkeiten übernehmen. Immer mehr vielversprechende Lösungen sind praxistauglich. Dennoch gibt es Bedenken gegen die Technik.

Die Idee eines Maurer-Roboters gibt es schon lange. Der Illustrator Jean-Marc Côté zeigte bereits auf der Weltausstellung 1900 in Paris, wie er sich den Einsatz von bauenden Automaten in der Zukunft vorstellen könnte. Mehr als 120 Jahre später sind nun zahlreiche Prototypen und Kleinserien im Einsatz, die diese Vision zunehmend Realität werden lassen.
 

Illustration aus dem Jahr 1900 wie in Zukunft eine automatisierte Baustelle aussehen könnte.
Illustration aus dem Jahr 1900 wie in Zukunft eine automatisierte Baustelle aussehen könnte.
Bild: Jean-Marc Cote
Illustration eines Lautsprechers mit Briefen.
Bild: Julien Eichinger - stock.adobe.com

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Roboter ist nicht gleich Roboter

Bereits seit Jahrzehnten übernehmen stationäre Roboter an den Fertigungsstraßen hochtechnisierter Industriebetriebe verschiedene Tätigkeiten. Im Gegensatz dazu waren mobile Roboter, die eigenständig komplexe Aufgaben übernehmen, bisher nur in den Entwicklungslabors der Maschinenbaukonzerne oder in Tüftlerstuben von Forschungsinstituten anzutreffen. Doch in den vergangenen Jahren haben es einige, auf bestimmte Bauaufgaben spezialisierte Roboter zur Serienreife gebracht. Ein maschineller Alleskönner ist noch nicht darunter. Egal, ob man diese Entwicklung skeptisch oder hoffnungsfroh beurteilt: Roboter und künstliche Intelligenz sind gekommen, um zu bleiben!

 

Ein Roboterarm mit einem 3D-Drucker konstruiert ein futuristisches Gebäude. Konzept: 3D-gedrucktes Gebäude, die Zukunft des Baus.
So stellt sich ein KI-gestützter Bildgenerator den Bauroboter der Zukunft vor.
Bild: David - stock.adobe.com

Spezialisten ja, Alleskönner nein

Was aber passiert mit den vielen Jobs auf Baustellen, wenn künstlich-intelligente Roboter die Arbeit übernehmen? Einer wissenschaftlichen Umfrage unter Beschäftigten verschiedener Branchen zufolge fürchteten die meisten Befragten, durch Roboter und Automatisierung ersetzt werden zu können. Das ist nachvollziehbar, aber für diese Sorge gibt es zumindest auf Baustellen auf absehbare Zeit keinen Grund. Die Komplexität von Baustellen, die eine enorme Herausforderung für die Entwicklung von universellen Baurobotern darstellt, macht deren kurz- bis mittelfristigen Einsatz schon allein aus wirtschaftlichen Gründen unwahrscheinlich. Die derzeit verfügbaren Bauroboter sind verhältnismäßig teuer und können nur die eine spezielle Sache, für die sie entwickelt und programmiert wurden. Gesunder Menschenverstand, Lösungskompetenz sowie Improvisationstalent fehlen ihnen gänzlich. Außerdem sind sie fast immer groß und unhandlich, da sie meist auf stationären Industrierobotern basieren.

Rückseite einer Dose mit Infos und Verwendungshinweisen, bei der der Satz "Ab dem 24. August 2023 muss vor der industriellen oder gewerblichen Verwendung eine angemessene Schulung erfolgen" mit einem blauen Rahmen hervorgehoben ist.
Bild: Klaus Kersting - BG BAU

Sind Sie vorbereitet?

Isocyanate, die wesentlichen Ausgangsstoffe von Polyurethanen (PU), dürfen ab dem 24. August 2023 nur noch von geschultem Personal verwendet werden. 

Zur Isocyanate-Schulung informieren und anmelden.

 

Im Gebäudemanagement dagegen sind Roboter seit geraumer Zeit im professionellen und wirtschaftlichen Einsatz. Sie reinigen selbstständig Flughafenterminals und Bahnhöfe rund um die Uhr und werden irgendwann sicherlich auch Baustellen sauber halten können. Beachtliche Fortschritte haben auch die 3-D-Betondrucker gemacht, die die Rohbauten von Wohn- und Bürogebäuden doppelt so schnell entstehen lassen, wie es mit den üblichen Bauverfahren möglich ist. Für den breiteren Einsatz in verschiedenen Gewerken haben sich einige Modelle bereits in der Praxis bewährt:

  • Der Bauroboter Hadrain X mauert den Rohbau eines Gebäudes.
    Der Bauroboter Hadrain X mauert den Rohbau eines Gebäudes.
    Bild: FBR Limited

    Recht konventionell und so gar nicht wie eine Maschine in Menschengestalt kommt der Bauroboter Hadrian X der Fastbrick Robotics Limited daher. Er basiert auf einem Lkw mit einem in alle Richtungen beweglichen multifunktionalen Schwenkarm. Ende 2021 errichtete er im australischen Wellard ein erstes vollständiges Wohnhaus aus Hintermauerziegeln. Durch den Bauroboter werden nicht nur die Prozesse beschleunigt – er verarbeitet die Ziegel auch millimetergenau. Hadrian X ist mit Sensoren ausgestattet, die Erschütterungen und Wind in Echtzeit messen und in den Bauablauf einbeziehen. Das Resultat sind qualitativ hochwertige Bauten. Da er jeden einzelnen Ziegel ressourcenschonend zuschneidet, benötigt Hadrian weniger Material. Diese vollständig digital gesteuerte Lösung ist zunächst auf Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser mit bis zu zwei Etagen konzipiert, die vom Roboter, je nach Schwierigkeitsgrad, innerhalb von ein bis drei Tagen komplett fertiggestellt werden können. Sollte Hadrian X in der nächsten Entwicklungsstufe in der Lage sein, auch Wohnhäuser in größerem Maßstab zu errichten, könnte er die dringend gesuchte Lösung sein, um Wohnraum schneller und kostengünstiger zu schaffen.

  • Reinigungsroboter Sun-X auf einer großflächigen Photovoltaik-Anlage.
    Die Reinigungsroboter von Sun-X fühlen sich auf großflächigen Photovoltaik-Anlagen wohl.
    Bild: sun-X GmbH

    Die Energiewende ist in aller Munde und die Nutzung der Sonnenenergie mit Solarzellen ein essenzieller Teil davon. Damit Solarmodule den Sonnenstrom effizient sammeln können, müssen ihre Oberflächen regelmäßig gereinigt werden. Je nach Standort und Umgebungsfaktoren existieren bereits heute marktreife Robotiksysteme zur Reinigung der Panels auf unterschiedlichen Dachformen und in Solarparks. Einige, wie die Roboter von Sun-X aus Bayern, sind in der Lage, Spalten und Lücken zwischen Modulabschnitten via Sensorik zu erfassen und je nach Format eigenständig zu überwinden. Die Installation ist standardisiert und die Roboter arbeiten risikofrei in ab- und durchsturzgefährdeten Zonen, ersetzen körperlich belastende Tätigkeiten in Bereichen mit hoher UV-Strahlung und erzielen ein gleichmäßiges Reinigungsergebnis.

  • Zwei Roboter für Bauarbeiten der Firma Baubot.
    Zwei waschechte Wiener für die Baustelle
    Bild: Baubot GmbH

    Das Wiener Start-up Baubot hat mit seinen Robotern Baubot MRS12 und MRS5 zwei serienreife Prototypen entwickelt, die durch den Aufsatz verschiedener Werkzeuge flexibel auf Baustellen eingesetzt werden können. Dazu sind die elektrisch betriebenen Baubots jeweils mit einem Roboterarm ausgerüstet, der eine Tragkraft von bis zu 20 Kilogramm besitzt. Mit ihrem Raupenfahrwerk sind sie ausgesprochen wendig, können Hindernisse überwinden und passen aufgrund ihrer kompakten Bauweise durch Türen. Auf der Baustelle können die Baubots Bauwerksteile im 3D-Druck herstellen oder bohren und fräsen. Die Anwendungspalette soll sich zukünftig erweitern. Drittanbieter haben die Möglichkeit, in Kooperation mit dem Start-up Applikationen für die Baubots zu entwickeln und anzubieten. Gesteuert werden die Roboter per Programmierung oder manuell über eine Art Tablet. Der Batteriebetrieb und die robusten Komponenten sollen flexibles und autonomes Arbeiten sowie hohe Verlässlichkeit und Präzision unter Baustellenbedingungen garantieren.

Vorteile überwiegen

Digital geplante Bauprojekte und ihre Realisierung mit Hilfe von KI-gestützten Software- und Robotiklösungen versprechen in naher Zukunft bemerkenswerte Vorteile bei der Einhaltung von im Vorfeld vereinbarten Qualitäten, Kosten und Terminen. Neben der höheren Produktivität wird auch das Arbeitsschutzniveau auf solchen Baustellen deutlich ansteigen. Verschiedene Gründe sprechen dafür, dass sich die Jobs auf dem Bau zwar schleichend verändern, aber eben nicht weniger oder weniger interessant werden. Noch offen ist, wie die in Deutschland von kleineren und mittleren Betrieben geprägte Branche mit den hohen Anfangsinvestitionen für die maschinellen Systeme wirtschaftlich arbeiten kann. Miet- oder Leasing-Services wie bei anderen teuren Baumaschinen liegen auf der Hand, aber auch Sharing- oder Genossenschaftsmodelle wären denkbar.

5. September 2023

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