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Was wäre, wenn? Sich mit dem Vorgehen bei Notfällen auseinanderzusetzen, ist keine angenehme Aufgabe – kann aber Leben retten. Daher ist eine gute Vorbereitung auf Notfallsituationen ein absolutes Muss. Führungskräfte sehen oft nur Ersthelfende und den Erste-Hilfe-Kasten als Maßnahmen vor. Beim Stichwort „Rettungskonzept“ wird regelmäßig auf den Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) und Rettungsgeräten verwiesen. In den meisten Fällen hilft das jedoch nicht weiter. Damit Sie als Unternehmerin oder Unternehmer im Vorfeld von Tätigkeiten und abhängig von den äußeren Umständen funktionierende Notfallmaßnahmen planen können, hat die BG BAU ein einfach anzuwendendes Schema für Notfallszenarien entwickelt: das NEST-Prinzip.
> Notfall wahrnehmen und melden
> Erste Hilfe, Rettung, Evakuierung
> Sicherheit der Ersthelfenden
> Transportmöglichkeit zur Übergabe an die hinzugerufenen Rettungskräfte
Konkret bedeutet NEST, dass Sie für jede Tätigkeit oder Arbeitsaufgabe festlegen, wie
Bei einem Notfall ist es aus medizinischer Sicht entscheidend, den Betroffenen schnellstmöglich zu versorgen. Dafür muss eine Notsituation möglichst rasch erkannt und gemeldet werden. Gerade bei räumlich getrennten Tätigkeiten oder bei Alleinarbeit kann das der Knackpunkt sein. Technische Hilfsmittel wie Notsignalgeber, die bei Bewegungslosigkeit oder fehlender Atemfrequenz Alarm auslösen, oder organisatorische Maßnahmen, die eine regelmäßige Meldung oder Begegnung der Beschäftigten vorsehen, können dieses Problem lösen.
Ein Beschäftigter führt Montagearbeiten an einer Fassade auf einer Hubarbeitsbühne im Umfeld einer großen Baustelle durch. Dort sind unterschiedliche Gewerke mit ihren Maschinen aktiv. Der Lärmpegel ist dementsprechend vielfältig und hoch. Es ist heiß und der Beschäftigte bekommt Kreislaufprobleme. Es gelingt ihm nicht, die Hubarbeitsbühne herunterzufahren, aber zumindest das Notsignal auszulösen.
Bei dem herrschenden Baustellenlärm nimmt zunächst niemand das Notsignal der Hubarbeitsbühne wahr. Erst nach etwa 60 Minuten bemerkt jemand zufällig, dass sich der Bediener der Hubarbeitsbühne in einer Notlage befindet.
> Mögliche Vorkehrungen: Bestenfalls immer zu zweit arbeiten. Sollte das nicht möglich sein, Alleinarbeitende Beschäftigte mit sogenannten Totmannmeldern ausstatten, bei uneingeschränktem Mobilfunkempfang auch als App, oder regelmäßige Kontaktaufnahme, etwa per Telefon.
Um den ohnmächtigen Beschäftigten evakuieren und versorgen zu können, muss jemand den Notablass der Hubarbeitsbühne bedienen können.
> Jemand mit solchen Kenntnissen sollte auf der Baustelle oder sofort abrufbar sein und benachrichtigt werden.
Die Sicherheit der Ersthelferinnen und Ersthelfer ist durch den freien Zugang zur Hubarbeitsbühne nach dem Absenken gegeben.
> Infektionsrisiko beachten: Medizinische Einmalhandschuhe aus dem Erste-Hilfe-Kasten bieten sowohl der Patientin oder dem Patienten als auch den Ersthelfenden Schutz.
Die oder der Verunfallte muss vom Korb der Hubarbeitsbühne auf die Krankentrage des Rettungswagen umgelagert werden. Hierfür sind meist Rettungskräfte und Helfende notwendig.
> Die Rettungskräfte mit der Notfallmeldung darüber informieren.
Zwei Fachkräfte für Gebäudereinigung führen regelmäßig die Unterhaltsreinigung in einem sechsstöckigen Bürogebäude außerhalb der regulären Geschäftszeiten durch. Dafür benötigen sie im Normalfall circa vier Stunden. Die beiden Beschäftigten teilen sich die Reinigung der oberen und unteren Stockwerke auf, so dass sie sich erst wieder begegnen, wenn sie mit der Arbeit fertig sind. An diesem Tag erscheint eine der beiden Reinigungskräfte zum Schichtende nicht am gewohnten Ort.
Im ungünstigsten Fall wird ein Notfall erst vier Stunden nach seinem Eintritt wahrgenommen. Bis zum Auffinden der oder des Betroffenen kann wiederum eine längere Zeit vergehen, insbesondere, wenn die Person bewusstlos ist und nicht selbst Hilfe rufen kann.
> Mögliche Maßnahme: Die Arbeit sollte räumlich so aufgeteilt werden, dass sich die Beschäftigten in kurzen Abständen begegnen. Ist das organisatorisch nicht umsetzbar, sollten alleinarbeitende Beschäftigte mit einem sogenannten Totmannmelder ausgestattet werden. Andernfalls empfiehlt sich eine regelmäßige Kontaktaufnahme per Mobiltelefon.
Um die betroffene Reinigungskraft evakuieren und versorgen zu können, muss das Rettungspersonal ins Gebäude gelangen. Sie müssen wissen, wo sich die betroffene Person befindet und wie sie dort hinkommen.
> Rettungswege und Notrufnummern müssen den Beschäftigten bekannt sein. Wenn diese wenig Deutsch sprechen, ist sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, die notwendigen Informationen weiterzugeben.
Damit die Rettungskräfte den Notfallort schnell und sicher erreichen können, muss der Zugang zum Gebäude möglich sein und der Standort bekannt sein.
> Ihre Sicherheit ist gewährleistet, wenn das Gebäude und die Räumlichkeiten frei zugänglich sind. Infektionsrisiko beachten: Medizinische Einmalhandschuhe aus dem Erste-Hilfe-Kasten schützen alle Beteiligten.
Der Transport von der Notfallstelle zum Rettungswagen sollte mittels Kranken- oder Schleifkorbtrage möglich sein.
> Die Rettungskräfte mit der Notfallmeldung über die örtlichen Gegebenheiten informieren. Flucht- und Rettungsplan für das Gebäude muss bekannt und verfügbar sein.
Der Glasfaserausbau ist bundesweit in vollem Gange. Damit die Kabel verlegt werden können, müssen zunächst in bestimmtem Abstand sogenannte Anschlussstellen hergestellt werden. Für diese Aufgabe sind zwei Beschäftigte eines Tiefbauunternehmens einzeln zwischen den Anschlussstellen unterwegs und verständigen sich per Mobiltelefon. Doch dann ist einer der beiden nicht mehr erreichbar und sein Standort wird nicht angezeigt.
Die Anschlussstellen können mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen – teils in unwegsamem Gelände. Da der Standort des Betroffenen nicht bekannt ist, kann bis zu seinem Auffinden unkalkulierbar viel Zeit vergehen, insbesondere, wenn die Person bewusstlos ist und nicht selbst Hilfe rufen kann.
> Mögliche Maßnahme: Sollte es organisatorisch nicht machbar sein, dass Beschäftigte immer zu zweit an einer Anschlussstelle arbeiten, muss der stetige Kontakt möglich und der aktuelle Standort bekannt sein – auch bei eingeschränktem Mobilfunkempfang.
Um Betroffene im Notfall versorgen zu können, muss das Rettungspersonal wissen, wo sie sich befinden und wie sie dort hingelangen können. Manche Anschlussstellen sind nur über schwer zugängliche Wege erreichbar.
> Die Beschäftigten sollten mögliche Rettungswege sowie die nächstgelegenen Rettungsstellen kennen. Außerhalb von Ortschaften können Wegmarken wie Kreuzungen eine Orientierungshilfe sein.
Damit die Rettungskräfte den Notfallort schnell und sicher erreichen können, benötigen sie Informationen zur Art der Notlage sowie zu den örtlichen Gegebenheiten.
> Hinweise auf die örtlichen Gegebenheiten sind bei der Notfallmeldung entscheidend, sodass sich die Rettungskräfte entsprechend ausgerüstet auf den Weg machen können. Infektionsrisiko beachten: Medizinische Einmalhandschuhe aus dem Erste-Hilfe-Kasten bieten bei der Erstversorgung allen Beteiligten Schutz.
Sind die Rettungskräfte vor Ort, sollte der Transport von der Notfallstelle zum Rettungswagen oder Helikopter mittels Krankentrage unter normalen Bedingungen möglich sein.
> Auch dafür spielen die Gegebenheiten und die Lage der Anschlussstelle eine zentrale Rolle, zum Beispiel, wenn der Verunfallte in der Trage über eine unwegsame Strecke transportiert werden muss.
Das NEST-Prinzip zeigt auf, wo die Schwachstellen in der Rettungskette liegen, aber auch, mit welchen Maßnahmen sie ausgebessert werden können. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten in die bestehende Gefährdungsbeurteilung aufgenommen werden.
5. September 2024