Sicher arbeiten

Leitern - Game over?

„Brauche ich wirklich eine Leiter oder gibt es eine bessere und sicherere Alternative?“ Das sei die Kernfrage, die sich in Zukunft alle Verantwortlichen auf dem Bau stellen müssten, sagte Präventionsexperte Prof. Marco Einhaus.

Leitern gehören zu den ältesten Arbeitsmitteln der Menschheitsgeschichte. Ohne sie wäre die Errichtung der ägyptischen Pyramiden undenkbar gewesen. Doch heutzutage seien Unfälle mit Leitern die Hauptursache für hohe Unfallzahlen in der Baubranche. „Ihre Zeit als Verkehrsweg und Arbeitsmittel läuft allmählich ab“, so Prof. Marco Einhaus, Leiter des Referats Hochbau bei der BG BAU, in seinem Vortrag auf dem Symposium der ISSA Construction, der internationalen Sektion für Prävention in der Bauwirtschaft der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit, im Juni 2022 in Berlin.

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Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH / (c) BG BAU

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Wie und für welche Aufgaben Leitern eingesetzt werden dürften, regele die Betriebssicherheitsverordnung, konkret die Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS) 2121, Teil 2 und die DGUV Vorschrift 38. Statt Leitern gebe es viele Alternativen, die mehr Sicherheit am Arbeitsplatz böten. Das müsse auch in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Erst wenn diese zu dem Ergebnis komme, dass im konkreten Fall kein sichereres Arbeitsmittel eingesetzt werden könne, sei die Nutzung von Leitern zulässig. Anschließend sei es notwendig, die Beschäftigten im richtigen und sicheren Gebrauch der Leitern zu unterweisen.
 

Regeln für die Benutzung von Leitern

„Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob eine Leiter als Arbeitsplatz oder als Verkehrsweg, also um den jeweiligen Arbeitsplatz zu erreichen, genutzt werden soll“, erläuterte Einhaus. Dazu komme es darauf an, wie häufig und wie lange eine Leiter genutzt werde. „Die Botschaft ist einfach: Stufen statt Sprossen.“ Stufen ab einer Tiefe von acht Zentimetern seien sicherer und reduzierten die körperliche Belastung der Beschäftigten erheblich.

Grafik zeigt, wie Anlegeleitern am Arbeitsplatz oder bei Verkehrswegen genutzt werden sollen.
Abhängig davon, für welchen Zweck Leitern verwendet werden, gelten unterschiedliche Vorgaben. Oft gibt es aber auch effektivere und sichere Alternativen für Arbeiten in der Höhe.
Bild: Florian Perez - xmedias GmbH

Sicherer Auf- und Abstieg

  • Die Lösung der Zukunft könnte eine mobile Bauleiter sein. Bau- und Gerüsttreppen als Zugang zu eingebauten Gruben und Gräben böten mehr Sicherheit und Komfort als Leitern, jedoch sei ihr Einsatz oft durch bauliche Gegebenheiten eingeschränkt. Wenn mehr als fünf Meter überwunden werden müssten, kämen Anlegeleitern als Verkehrsweg nicht mehr infrage. Für solche Bedingungen hätten Praktiker mit Unterstützung der BG BAU die mobile Bauleiter entwickelt. Ähnlich einer Steigleiter verfüge sie an der Ein- und Ausstiegsstelle über Podeste in Form von Gitterrosten und sei über die gesamte Länge bis zum Grubenboden mit einem Rückenschutz versehen. Rutschfeste Trittflächen und eine Sicherung am Leiterkopf seien weitere Sicherheitsmerkmale. Je nach Höhenunterschied lasse sich die Steigleiter abschnittsweise verlängern. Für Gruben mit Spundwänden sei ein passendes Modell entwickelt worden. „Mit beiden Leiterarten gelangen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher zu ihren Arbeitsplätzen“, betonte Einhaus.

    Viele Beschäftigte auf dem Bau überwänden geringere Höhen durch einen Sprung. Das sei jedoch gefährlich: Fersenbrüche mit langen Ausfallzeiten und womöglich bleibenden Schäden seien eine häufige Folge. Mit der modularen Grubenleiter gebe es eine sichere Alternative, die den anspruchsvollen Bedingungen auf Baustellen gerecht wird.

  • Die Stehleiter sei nach wie vor beliebt bei Putz- und Malerarbeiten. Heute dürfe sie allerdings nur noch genutzt werden, wenn sie Stufen hat, die mindestens acht Zentimeter tief sind. „Wir empfehlen Modelle mit druckfesten Spreizsicherungen, die ein unbeabsichtigtes Einklappen der Leiterbeine verhindern“, führte Einhaus aus. „Bei geringen Höhen sind Tritthocker eine Alternative oder man nutzt am besten gleich Podeste und Plattformleitern.“

  • Stufenleitern machten die Glasreinigung an vertikalen Glasfassaden einfacher und sicherer. Bei kleinen Höhen seien Tritthocker empfehlenswert. „Wenn es erforderlich ist, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter idealerweise immer auf Podesten oder Plattformleitern arbeiten“, erläuterte Einhaus. „Sie sind einfach viel sicherer als Stehleitern.“ Kleine Ursache, große Wirkung: Bei Reinigungsarbeiten mit Feuchtigkeit oder Flüssigkeiten rutschten viele Mitarbeitende von den Leiterstufen. Häufig seien Fersenbrüche die Folge – eine Verletzung, die nur langsam und letztlich nie vollständig ausheile. Deshalb sollte ein Kriterium beim Kauf einer Leiter sein, ob die Stufenbeläge rutschfest sind. Dafür habe sich die R-Klassen-Skala etabliert: Für Leitern, die bei der Feuchtarbeit eingesetzt werden, würden die R-Klassen 12 und 13 empfohlen.

Sind Leitern als Arbeitsmittel noch up to date?

Für viele Tätigkeiten gebe es sicherere Alternativen zur Leiter: Wenn die Arbeitsplätze gut zugänglich seien, sei es immer besser, Hubarbeitsbühnen und fahrbare Arbeitsbühnen oder Gerüste zu nutzen. Hubarbeitsbühnen böten einen sicheren Stand und seien allseitig gegen Absturz gesichert. Material und tragbare Werkzeuge könnten griffbereit platziert werden und seien schnell zur Hand. Dachflächen und andere Höhenarbeitsplätze, die nur über Leitern erreichbar seien, müssten zur Inspektion oder Messung nicht unbedingt betreten werden. Heutzutage könnten diese Aufgaben von Drohnen übernommen werden. „Der Einsatz dieser fliegenden Helfer erfordert zwar etwas Vorbereitung und Organisation, bietet aber mittelfristig große Vorteile in puncto Wirtschaftlichkeit und Sicherheit“, zeigte sich Einhaus überzeugt.

Das 5-Punkte-Programm der BG BAU gegen Leiterunfälle hilft bei der Entscheidung, ob und wie eine Leiter eingesetzt werden soll. Die BG BAU unterstützt ihre Mitgliedsunternehmen beim Kauf von Alternativen zur Leiter wie zum Beispiel von Kleinsthubarbeitsbühnen oder Ein-Personen- Gerüsten mit ihren Arbeitsschutzprämien.

Plakat: "5-Punkte-Programm gegen Leiterunfälle"
Bild: BG BAU

Informationen zu Leitern und Leiter-Alternativen

Informieren Sie sich über die Arbeitsschutzprämien der BG BAU.

So einfach geht Unterweisung: Mit einem Videoclip zum Umgang mit Anlegeleitern.

Die Hubarbeitsbühne: Eine sichere Alternative zur Leiter.

 

5. Oktober 2023

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