Sybille Trawinski ist Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Steinmetze (BIV).
Bild: Dr. Rainer Krämer
Im Gespräch

„Wir sehen uns als Partner der Praxis“

Sybille Trawinski vertritt als Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Steinmetze (BIV) die Interessen des Steinmetzhandwerks und der Natursteinbranche in Deutschland. Hier spricht sie über die Bedeutung des Arbeitsschutzes für ihre Branche.

Die Branche der Steinmetze ist von kleinen und mittleren Betrieben geprägt. Welche Rolle spielt bei Ihnen der Arbeitsschutz?

Wie in großen Betrieben auch, ist Arbeitsschutz bei uns ein wichtiges Thema. Allerdings liegt es oft beim Betriebsinhaber selbst, sich neben vielen anderen Aufgaben auch hierum zu kümmern. Sie oder er kann keine Fachkraft dafür einstellen. Das stellt eine große Herausforderung dar – inhaltlich und organisatorisch, aber auch finanziell. Daher versuchen wir als Verband, unsere Mitglieder zu unterstützen – und das Hand in Hand mit der BG BAU.
 

Neben den allgemeinen Gefährdungen in der Bauwirtschaft ist vor allem Staub in Ihrer Branche ein wichtiges Thema. Wie gehen Ihre Mitgliedsunternehmen damit um?

Die traditionelle Handwerksarbeit ohne Maschinenunterstützung ist vom Problem Staub weit weniger betroffen als die maschinelle Bearbeitung. In der modernen Steinmetzwerkstatt mit den dort installierten stationären Maschinen und den vielen verschiedenen manuellen Elektrowerkzeugen ist das Thema „Staub“ für die Arbeitssicherheit elementar. Absauganlagen oder auch Alternativen wie die Nassbearbeitung mit regelmäßiger Wasserreinigung gehören inzwischen zur Standardausstattung einer Steinmetzwerkstatt. Genauso sind Masken, Gehörschutz, Sicherheitsschuhe und Handschuhe fester Bestandteil des Arbeitsalltags.

Auf den Baustellen werden staubmindernde Maßnahmen nicht nur als Arbeitsschutz gesehen, sondern zunehmend auch als Wettbewerbsvorteil und Marketingaspekt – welcher Kunde hat denn gerne tagelang eine völlig eingestaubte Wohnung? Um hier noch weiterzukommen, ist es wichtig, gemeinsam mit den Herstellern praktische Lösungen zu entwickeln und bekannt zu machen. Dazu gehört beispielsweise eine Schleifmaschine, bei welcher der anfallende Staub durch Perforationen in der Schleifscheibe intern abgesaugt wird.

Sybille Trawinski ist Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Steinmetze (BIV).
Bild: Dr. Rainer Krämer

Sybille Trawinski, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Steinmetze (BIV)

Sybille Trawinski leitet seit 2013 als Geschäftsführerin den Bundesverband Deutscher Steinmetze (BIV). Sie ist zudem Geschäftsführerin des Berufsbildungswerks für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk. Für die Arbeitgeberseite gehört sie seit 2017 der Selbstverwaltung der BG BAU an.

Wie sensibilisieren und unterstützen Sie als Verband?

Als Bundesverband sind wir in mehreren Gesprächs- und Arbeitskreisen im Kontext der Arbeitssicherheit aktiv. Beispielweise engagieren wir uns gemeinsam mit der BG BAU, BG RCI und den Arbeitnehmervertretern der IG BAU im Gesprächskreis „Staub bei der Natursteinverarbeitung“. Dieser gibt die gemeinsam erarbeitete Handlungsanleitung „Staub“ heraus, die den aktuellen Stand der staubmindernden und staubvermeidenden Maßnahmen in der täglichen Steinmetzpraxis widerspiegelt und seinerzeit die erste gewerkespezifische Branchenlösung unter Einbezug der Praxis war. Aus dieser Kooperation sind bereits mehrere „Praxisschulungen Arbeitssicherheit“ für Steinmetzbetriebe entstanden. Außerdem weisen wir in unseren Medien, unserer Website und auf unseren Veranstaltungen regelmäßig auf Neuerungen im Arbeitsschutz sowie auf Fördermöglichkeiten, etwa durch die BG BAU, hin. Darüber hinaus besuchen unsere Berater regelmäßig Schulungsveranstaltungen zum Arbeitsschutz, um unsere Mitgliedsbetriebe auf der Höhe der Zeit beraten zu können – etwa bei der Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen oder Arbeitsanweisungen.

Um gesetzliche Vorgaben zur Arbeitssicherheit umzusetzen, sehen wir uns als Partner aus der Praxis. Schließlich sollen Arbeitsschutzmaßnahmen nicht nur vom Gesetzgeber diktiert, sondern von der Praxis auch akzeptiert und angewandt werden – mit gerade auch für unsere Kleinbetriebe noch vertretbarem Aufwand.
 

Leidet auch Ihre Branche unter dem Fachkräftemangel und wie lässt sich diesem begegnen?

Mehr als zehn Jahre sind unsere Auszubildendenzahlen zurückgegangen, seit zwei Jahren verzeichnen wir wieder einen leichten Anstieg. Es gibt sehr viele Gründe hierfür. Extern sehen wir die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung mit dem zurückgehenden Potenzial an jungen Menschen. Diese Situation wird verschärft durch das „hausgemachte“ Problem, dass Lehrberufe im Handwerk nicht mehr die Anerkennung finden, die ihnen zusteht. Wir können aber auch selbst einiges tun, um die Situation zu verbessern. So haben wir unsere Azubivergütung 2021 sehr deutlich angehoben. Wir betreiben außerdem ein eigenes Berufsbildungswerk, in das alle Steinmetze einzahlen. Darüber finanzieren wir eine qualitativ hochwertige überbetriebliche Ausbildung an den Standorten Wunsiedel im Fichtelgebirge und Holleben bei Halle/Saale. Ausbildungsbetriebe erhalten nach Ende der Lehrzeit eine anteilige Erstattung der Ausbildungsvergütung. Gerade haben wir außerdem eine große Nachwuchswerbekampagne gestartet. Dabei geht es um unser Image, das etwas in Schieflage geraten ist, obwohl es so viel Positives in unserem Beruf gibt. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass wir alle Möglichkeiten für gesunde und sichere Arbeitsplätze nutzen.
 

Wie sichern sie die Aus- und Weiterbildung des Branchennachwuchses?

Unsere Auszubildenden sind im Betrieb, in der Berufsschule und in der überbetrieblichen Ausbildung. Arbeitsschutz und die Vermeidung möglicher Berufskrankheiten sind also theoretisch und praktisch Thema. Nach der Ausbildung gibt es viele Möglichkeiten der Weiterbildung, zum Techniker, Meister, Restaurator im Handwerk oder spezielle Kurse, wie z.B. ein CNC-Intensivkurs. Die beiden letzten Angebote bietet das Europäische Fortbildungszentrum in Wunsiedel an, wo wir auch eine überbetriebliche Ausbildungsstätte haben. Aber egal auf welcher Qualifizierungsstufe die Steinmetze und Steinbildhauer und die Azubis gerade stehen – der Umgang mit Naturstein erfordert immer einen umsichtigen und sicheren Umgang. Und der will von der Pike auf erlernt sein.

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Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH / (c) BG BAU

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Ein Mal im Jahr trifft sich unser Arbeitskreis für Ausbildungsfragen – hier kommen Berufsschullehrer, Landeslehrlingswarte und die Leiter und Ausbilder der Zentren für überbetriebliche Lehrlingsunterweisung zusammen, um über die Aus- und Weiterbildung zu sprechen. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, die wir dann gemeinsam angehen, wie zum Beispiel die Anpassung unserer Kurse in der überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung an unsere 2018 modernisierte Ausbildungsordnung oder Fragen des Berufsschulunterrichts.
 

Sie sind Mitglied der Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft. Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich bei der BG BAU?

Es ist eine wichtige Errungenschaft und keine Selbstverständlichkeit, dass wir dem Thema Arbeitsschutz in Deutschland so viel Bedeutung beimessen. Das ist ein Grund dafür, mich hier zu engagieren. Aber auch für unsere Branche ist es wichtig, im Gespräch bleiben. Unsere Betriebe sind oft sehr klein und dürfen nicht von Vorgaben erdrückt werden. Sie müssen Zeit und Unterstützung bekommen, damit sie Arbeitssicherheit im Betrieb etablieren können. Sie müssen aber auch verstehen, wie wichtig das Thema ist. Ich möchte also mit meinem Ehrenamt auch zu einem offenen, ehrlichen Austausch beitragen. Und ich denke, dass es auch mit Blick auf unseren Nachwuchs wichtig ist, dieses Thema ernst zu nehmen und zu zeigen, dass der Steinmetzberuf ein kreativer und sicherer Beruf mit guten und nachhaltigen Zukunftsaussichten ist.

8. Dezember 2022

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