Sicher arbeiten

Ohrenbetäubend

Lärm ist tückisch. Er schleicht sich in Arbeit und Freizeit ein und verursacht oft erst über längere Zeiträume hinweg spürbare gesundheitliche Probleme. Doch effektiver Lärmschutz ist machbar – auch am Bau.

Am Bau geht es laut zu, denn viele Tätigkeiten sowie die dabei verwendeten Maschinen und Verfahren erzeugen mitunter enormen Lärm. Genau genommen handelt es sich um Schallwellen, die das Gehör schädigen, aber auch zu erhöhtem Blutdruck, Stress, Gereiztheit, Angst, Nervosität und Schlafstörungen führen. Menschen werden schwerhörig, wenn Schallwellen über den Lärmauslösewerten für bestimmte Zeiträume einwirken und dadurch die Haarsinneszellen im Innenohr nach und nach absterben. Enorme Lärmereignisse wie etwa Explosionen können Taubheit auch unmittelbar auslösen.

Grafik Gefährdung durch Lärm
Lärm am Bau im Vergleich: Schallpegel verschiedener Geräusche in Dezibel [dB (A)]
Bild: Florian Perez - xmedias GmbH

Lärmschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe

In der Baubranche sind alle Beteiligten gefordert, Beschäftigte und Anwohnerschaft professionell vor  Baulärm  zu schützen. Bauherren haben sich nach der Allgemeinen Verwaltungs- vorschrift Baulärm zu richten. Unternehmen macht die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung klare Vorgaben: Liegt der Lärmpegel über einen achtstündigen Arbeitstag verteilt bei im Schnitt 80 Dezibel, kurz dB(A), sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Betroffenen Beschäftigten ist eine arbeitsmedizinische Lärmvorsorge zur Früherkennung von Hörminderungen anzubieten. Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB(A), dem oberen Lärmauslösewert, drohen Gehörschäden. Weitere Maßnahmen wie der persönliche Gehörschutz und eine obligatorische arbeitsmedizinische Vorsorge sind ab diesem Wert Pflicht. Daneben nennt die Verordnung Auslösewerte für Spitzenschalldruckpegel, also kurzzeitig vorkommende Lärmereignisse, die besondere Schutzvorgaben erfordern, auch wenn es ansonsten still und leise zugeht.


Mit dem TOP-Prinzip gegen Lärm

Schutz vor Lärm sollte zuerst darauf abzielen, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen. Das lässt sich durch technische Maßnahmen, etwa mit leiseren Maschinen oder alternativen lärmfreien Verfahren, erreichen. Bauherren, Planungsverantwortliche sowie Unternehmerinnen und Unternehmer können hier bei Projektbeginn viel bewirken. Fehlen technische Alternativen, ist das Lärmaufkommen organisatorisch einzuschränken, etwa indem die Lärmquelle abgeschirmt wird oder abseits zum Einsatz kommt. Wenn weder technische noch organisatorische Schutzmaßnahmen greifen, muss persönlicher Gehörschutz zum Einsatz kommen. Entscheidend für Akzeptanz und Erfolg bei den Beschäftigten sind hier die Unterweisung durch Vorgesetzte und deren Vorbildfunktion.

Individuell angefertigter Gehörschutz mit lärmverursachendem Arbeitsmittel im Hintergrund.
Bild: Joe Tremmel - xmedias GmbH

Praktikable Schutzmaßnahmen für Ausbaugewerke

Bohren, sägen, schleifen: Bei Ausbauarbeiten entsteht Lärm meist durch den Einsatz handbetriebener Maschinen. Hier lässt sich technisch gegensteuern – mit jeweils gerätetypischen Anpassungen wie etwa schallgeminderten Sägeblättern, lärmarmen Schleifscheiben oder lärmgeminderten Flämmge- räten. Beim Neukauf von Maschinen lohnt ein Blick auf die Lärm-Emissionswerte. Auch Schallschutzkapseln für Maschinen sowie Schallschutzwände und -decken reduzieren die Lautstärke. Organisatorisch hilft ein Ausschildern und – wenn möglich – ein Absondern von Lärmbereichen. Geht es um die persönliche Schutzausrüstung, empfiehlt und fördert die BG BAU die Verwendung von persönlich angepasstem Gehörschutz – den sogenannten Otoplastiken.
 

Individuell angefertigter Gehörschutz mit lärmverursachendem Arbeitsmittel im Hintergrund.
Bild: Joe Tremmel - xmedias GmbH

Praktikable Schutzmaßnahmen beim Rohbau

Beim Rohbau erhöht sich der Lärmpegel vor allem beim Betonschneiden und -fräsen sowie bei Strahlarbeiten zur Sanierung oder späteren Versiegelung von Betonoberflächen, Mauer- werk oder Fassaden. Für diese Tätigkeiten gibt es jeweils technische Ansätze, um den Lärm zu senken. Mit Wasser betriebene Steinsägen erzeugen weniger Schalldruck, dazu verschleißen Geräte langsamer. Winkelschleifer und Mauernutfräsen lassen sich teils kapseln, sodass die bereits im Leerlauf hohen Schalldruckpegel reduziert werden. All diese Geräte können mit geräuschgeminderten Trennscheiben betrieben werden. Bei Strahlarbeiten ist der Arbeitsplatz bereits wegen des herumfliegenden Strahlguts abzuschirmen. Dabei ist es möglich, die Schallausbreitung nahe der Entstehung einzuschränken. Für die Beschäftigten am Werkzeug und alle, die dem Lärmbereich nicht ausweichen können, ist persönlicher Gehörschutz unerlässlich.
 

Individuell angefertigter Gehörschutz mit lärmverursachendem Arbeitsmittel im Hintergrund.
Bild: Joe Tremmel - xmedias GmbH

Praktikable Schutzmaßnahmen beim Tiefbau

Beim Tiefbau ist die Lärmproblematik häufig weitreichender, weil der Maschineneinsatz verhältnismäßig intensiv ist und kaum lärmarme Alternativen vorhanden sind. Elektro- statt Verbrennungsmotoren sind ein erster Schritt. Lärm entsteht allerdings weniger durch die Motoren als vielmehr durch die Tätigkeit einer Maschine. Eine Rüttelplatte wirkt auf den Untergrund ein und erzeugt dabei Lärm, unabhängig vom Antrieb. Dazu weisen Baustellen bei lärmintensiven Abbruch-, Erdbau- und Gründungsarbeiten so gut wie nie Räume oder Bauten auf, die den Schall abschirmen. Organisatorische Maßnahmen wie Lärmschutzwände, Schallschutzschirme und Einhausungen sollen den Lärmpegel in der Umgebung der Baustelle senken. Im Fall von Straßenbaustellen bei fließendem Verkehr ist der Lärm durch vorbeirauschende Fahrzeuge technisch oder organisatorisch oft kaum zugunsten der Bauausführenden in den Griff zu bekommen. Für sie bleibt hier häufig nur die konsequente Nutzung von persönlichem Gehörschutz und die Beachtung der Tagesexpositionspegel.
 

8. Januar 2024

Artikel teilen
Folgen Sie uns auch auf