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Allein die Definition hört sich gut an: In der Kreislaufwirtschaft werden Materialien so lange wie möglich genutzt und danach möglichst vollständig wiederverwertet, um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und den Abfall zu minimieren. So etwas würde auch der Baubranche guttun, die deutschlandweit mehr als die Hälfte des anfallenden Mülls und den Ausstoß großer Mengen des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) zu verantworten hat. Eine mögliche Antwort auf das Problem: der verstärkte Einsatz von zirkulärem Bauen. Bisher litt die Motivation, Materialien wieder aufzubereiten, unter der fehlenden Wirtschaftlichkeit – auch in einer so ressourcenintensiven Branche wie der Bauwirtschaft. Außerdem hemmen komplizierte Regeln für das Recycling, das heißt die Wiederaufbereitung von Baustoffen, sowie die fehlende Infrastruktur die Bemühungen von engagierten Unternehmen in diesem Bereich. Seit viele Baumaterialien knapper und damit erheblich teurer werden, setzt jedoch ein Umdenken ein. Das wird nicht zuletzt durch politische Entwicklungen beschleunigt, die zusehends in rechtlichen Regelungen münden, etwa dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG).
Der Ende 2021 unter den Ampelparteien geschlossene Koalitionsvertrag enthielt ein Detail, das die Baubranche aufhorchen ließ: Geplant war (und ist) die Einführung eines Gebäuderessourcenpasses. Dieser lehnt sich an die Idee des erfolgreich etablierten Energieausweises an. Wie das Instrument jedoch ausgestaltet wird, ist nach wie vor offen. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat im Herbst 2022 einen Vorschlag vorgelegt, wie der Pass funktionieren soll. Immerhin bündelt der Verein mit über 2.000 Unternehmen aus der Bauwirtschaft viel Fachkompetenz. Laut deren Konzept soll der Ressourcenpass die wesentlichen Informationen rund um die Materialzusammensetzung, den Energieverbrauch, die Klimawirkung und die Kreislauffähigkeit eines einzelnen Bauwerks festhalten.
Der Zweck des Passes lehnt sich so eng an die im Building Information Modelling (BIM) vorgesehenen Dimensionen wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und nicht zuletzt Arbeitssicherheit an. Und das für den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks von seiner Planung über die Errichtung und Nutzung bis zu seinem Abbruch, der im Idealfall in einer Wiederverwendung der anfallenden Materialen mündet.
Ein Dokument wie der Ressourcenpass würde erheblich dabei helfen, den angestrebten Kreislauf in Gang zu bringen. An der dazu benötigten Informationstechnologie arbeiten längst verschiedene Start-ups: Bei bestehenden Bauwerken, für die in der Regel bisher keine Materialübersichten vorliegen, muss heute zunächst vor Ort erfasst werden, was verbaut worden ist. Die Software, um Ressourcen qualitativ wie mengenmäßig zu erfassen, existiert bereits. Zukünftig sollten solche Information schon bei der Planung oder spätestens beim Bau im Ressourcenpass eingetragen werden.
Verschiedene nationale als auch internationale Zertifizierungssysteme bewerten die Umweltbilanz eines Bauwerks bereits von der Errichtung bis zur Nutzung, manche gar bis zum Abbruch, und ziehen dafür auch deren Tauglichkeit für die Kreislaufwirtschaft in Betracht. Auf internationaler Ebene existiert die LEED-Zertifizierung (Leadership in Energy and Environmental Design), auf Bundesgebiet die BNB-Zertifizierung (Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude) oder Zertifizierung der DGNB.
Eine geschlossene Kreislaufwirtschaft am Bau ist noch Zukunftsmusik. Dennoch gibt es in den verschiedenen Gewerken und auch auf Herstellerseite vielfältige Ansätze, um Stoff- und Energiekreisläufe zu entwickeln. Etwa bei Dämmstoffen: Sie sind sowohl bei der energetischen Modernisierung als auch bei der Neuerrichtung energieeffizienter Gebäude unverzichtbar. Dabei fallen bedeutsame Mengen als Verschnitt und Reste oder als Altlasten beim Abbruch an. Doch gerade das Recycling von Dämmstoffen wie Glas- oder Steinwolle stellt bisher eine große Herausforderung dar – ebenso wie deren teure Entsorgung. Führende Hersteller investieren deshalb in Verfahren und Prozesse, um die Dämmabfälle wieder einzusammeln und in ihre Produktionskette zu integrieren.
Vergleichbare Abläufe werden heute auch in der Zement- und Betonproduktion angewandt, die bisher jährlich für bis zu acht Prozent des globalen menschengemachten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist. Mittelfristig möchte die Branche nach eigener Aussage CO2-neutral produzieren. Um sich diesem Ziel anzunähern, setzt man unter anderem auf geschredderten Beton aus Altbauten, den man der Neuware beimischt. Seit 2020 schreibt das Kreislaufwirtschaftsgesetz den Kommunen bundesweit vor, Recyclingbeton bei Bauprojekten einzusetzen. Nicht nur aus Bauabfällen lassen sich Baumaterialien wiedergewinnen, auch aus anderem Zivilisationsmüll entstehen neue Wertstoffe. Aus Ziegelresten, aber auch aus Altglas und Kalk lassen sich neuartige Ziegelsteine produzieren, ohne sie bei hohen Temperaturen brennen zu müssen, was große Mengen an CO2 einspart. Mit Plastikmüll versetzte Straßenbeläge reduzieren schon heute Abfallberge in Indien oder Uganda und benötigen gleichzeitig weniger aus Erdöl gewonnenes Bitumen.
Offen bleibt, wie sich solche Materialmischungen in den zukünftigen Stoffkreislauf einbinden lassen oder ob hier neuer Sondermüll entsteht – gerade im Fall der zunehmend am Bau verwendeten Kunststoffe. Für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft müssten vor allem die Rahmenbedingungen stimmen, stellen die Fachleute der DGNB klar: Damit der Kreislauf nachhaltig rund läuft, bräuchte es kurze Wege zum Recycling, die bauliche Wertigkeit der wiederaufbereiteten Materialien müsse stimmen und Schadstoffe aus dem Kreislauf entnommen werden. Ebenso seien Vorgaben sowie Anreize aus der Politik gefragt, um zirkuläres Bauen zu ermöglichen.
Energieverbrauch und Klimaschutz in der Bauwirtschaft
DGNB-Vorschlag für den Ressourcenpass
21. März 2023