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Die bisherigen Optimierungsversuche wie der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft reichen nicht aus, um die Belastungen zu senken und den Baustoffbedarf der Zukunft zu decken. Deshalb wird intensiv an ganz neuen Baustoffen – wie etwa Pilzen – geforscht.
Landläufig gelten Pilze als Lebensmittel. Dass sie aber auch ein Baustoff sein können, ist weitgehend unbekannt. Der Unterschied liegt in der Betrachtungsweise: Was oberhalb der Erde wächst, wird gern gesammelt und gegessen, aber unter der Erde liegt die eigentliche Kraft der Pilze als Rohstoff . Die „Wurzeln“ bilden ein weitverzweigtes Geflecht (Myzel), das bei der Zersetzung von organischem Material wie Zellulose ein dreidimensionales Netzwerk mit selbsttragenden Strukturen entwickelt.
Genau diese Prozesse nutzen Forscherinnen und Forscher, um das Myzel mit Holzspänen, Strohhäckseln oder anderen Landwirtschaftsresten zu „nähren“, wobei ein rein organisches Verbundmaterial entsteht. Dieses schwammige Gebilde kann durch thermische Behandlung verfestigt und in bestimmte Formen gebracht werden. Der so gewonnene stabile Bio-Verbundwerkstoff ist recycelbar und für bestimmte Anwendungen am Bau geeignet. Noch befindet sich vieles im Bereich Pilze als Baustoff im Versuchsstadium, aber es gibt dank intensiver Forschung schon erste Pilotprojekte, bei denen gezüchtetes Pilzmyzel als Werkstoff eingesetzt wird, etwa als Dämmmaterial in nicht tragenden Wänden oder Platten für den Innenausbau. Zusätzlich nutzbar ist auch die Myzel-Fähigkeit, mineralisches Material wie eine Art Kleber miteinander zu verbinden. Auch für diesen „organischen Mörtel“ gibt es erste Anwendungen.
Einer der Spezialisten auf diesem Gebiet ist Prof. Dirk E. Hebel, Professor für Nachhaltiges Bauen und Dekan der Fakultät für Architektur des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Der Experte hält die Entwicklung von alternativen Baustoffen für sehr wichtig, da selbst eine Wiederverwertung aller bereits verbauten mineralischen und metallischen Materialien in einer Kreislaufwirtschaft nicht ausreichen wird, um den zukünftigen Bedarf an Baustoffen zu decken. „Daher braucht es eine neue Klasse von Baumaterialien, die schnell energie- und ressourcenschonend wachsen und nach ihrer Nutzungsdauer auch wieder vollständig kompostierbar sind – wie zum Beispiel Pilzmyzel“, so der Experte.
Im Ergebnis hoffen die Forscherinnen und Forscher, ein alternatives System zur klassischen Rohstoffnutzung und Wiederverwertung im Bausektor zu entwickeln. Bauen könnte so deutlich nachhaltiger und ressourcenschonender werden. „Allerdings braucht es dazu nicht nur neue Materialien, sondern auch neue Technologien, Fügungsprinzipien und Verbindungsmittel“, betont Prof. Hebel. Am Ende stünden dann nachhaltige und ökologisch abbaubare Bauwerke, die womöglich „endlos in Kreisläufen“ nutzbar seien.
Nachhaltige Baustoffe können darüber hinaus auch Vorteile für den Arbeitsschutz haben. Als organische Bindemittel belasten sie die Haut und Atemwege weniger als klassische Produkte wie Kleber oder Zement. Zudem kommt eine nachhaltige Produktionsweise insgesamt der Gesundheit aller zugute. Hier ist allerdings ebenfalls noch viel Forschung nötig, da auch natürliche Stoffe gesundheitsschädlich sein können.
Insgesamt sind Pilze beziehungsweise Myzelien nicht der einzige innovative Ansatz für neue Baustoffe. Zum Einsatz kommen auch Gräser, Algen und traditionelle Baustoffe aus anderen Regionen, etwa Bambus. Außerdem wird die Kombination klassischer Baustoffe mit neuen Baustoffen erprobt, wie die Aufzählung der Beispiele im Infokasten zeigt.
meist mit Ton als Bindemittel.
Sandstein, erzeugt durch Bakterien, Harnstoff und Calciumchlorid.
Kohlenstofffasern aus Algen oder Glasfaser-Textil, kombiniert mit Stein (Granit).
organische Füllstoffe, mit Fasern verstärkt.
Holzmehl ersetzt zum Teil Kies und Sand.
integrierte Bakterien schließen Risse.
Mischung aus Meeresalgen-Polymer mit Lehm und Wolle.
3-Schichten-Material aus Ton, Stoff und Hydrogel.
9. Dezember 2022