Markus Wanck ist im Vorstand der BG BAU und im Interview zum Thema Arbeitsschutz im Schornsteinfegerhandwerk.
Bild: Jan-Peter Schulz - BG BAU
Im Gespräch

„Ein Nachschlagewerk für die Praxis“

Im Interview erklärt Markus Wanck, Mitglied im Vorstand der BG BAU, warum Arbeitsschutz im Schornsteinfegerhandwerk besonders wichtig ist und welche Fortschritte die neue DGUV Regel „Schornsteinfegerarbeiten“ zum Thema bringt.

Herr Wanck, Sie haben selbst als Schornsteinfeger gearbeitet. Bei welchen Tätigkeiten drohen Gefährdungen für die Gesundheit?

Das größte Risiko für Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger ist sicherlich, vom Dach oder von der Leiter zu fallen. Wenn es zu einem Absturz kommt, sind die Verletzungen meistens sehr schwer oder sogar tödlich. Die Absturzgefahr hängt mit den grundlegenden Aufgaben des Berufs zusammen. Der Kamin muss gekehrt werden und das passiert oft vom Dach aus. Schornsteinfeger arbeiten dabei in der Regel ohne Gerüste und persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz. Wenn dann zum Beispiel Dachtritte fehlen und es gleichzeitig nass ist, kann es schnell gefährlich werden. Aber auch schon der Aufstieg innerhalb von Gebäuden birgt Gefahren, wenn etwa die Ausklappleiter zum Dachboden beschädigt ist.

Wie lernen angehende Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger das richtige Handwerkszeug in Sachen Arbeitsschutz?

Das Thema Arbeitsschutz ist Pflichtteil in der Ausbildung zur Schornsteinfegerin oder zum Schornsteinfeger und nimmt im Lehrplan der Berufsschulen rund 40 Unterrichtsstunden ein. Dabei wird zum Beispiel auch über unterschiedliche Leitertypen informiert und darüber, dass Stufenleitern sicherer sind als Sprossenleitern. In der Praxis dürfen Azubis nicht allein arbeiten. Sie werden von erfahrenen Kräften begleitet und lernen so, was gelebter Arbeitsschutz ist.

Die Vermittlung des Themas endet aber nicht mit der Ausbildung, sondern ist auch Teil der tariflichen Weiterbildungen der Innungen. Angestellte Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger haben mehrere bezahlte Schulungen im Jahr und auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber treffen sich regelmäßig zu Unternehmerschulungen.

Markus Wanck ist im Vorstand der BG BAU.
Bild: Jan-Peter Schulz - BG BAU

Markus Wanck, Vorstandsmitglied der BG BAU

Markus Wanck ist gelernter Schornsteinfegermeister aus Baden-Württemberg. Seit vielen Jahren engagiert er sich für den Arbeitsschutz. Er ist Versichertenvertreter und Mitglied im Vorstand der BG BAU sowie Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der BG Kliniken.

Vor Kurzem ist die neue DGUV Regel ,,Schornsteinfegerarbeiten” erschienen. Was sind die zentralen Inhalte?

Die neue DGUV Regel enthält zusammen mit der DIN 18160, Teil 5, so gut wie alle wichtigen Inhalte zum Thema Arbeitsschutz im Schornsteinfegerhand werk. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin – der BGR 218 – gibt es einige Weiterentwicklungen und Klarstellungen. Zum Beispiel steht jetzt ausdrücklich in der Regel, dass Leitern als Verkehrsweg für Höhenunterschiede von maximal fünf Metern eingesetzt werden dürfen, davor wurden sie häufig für Höhen bis 5,49 Meter genutzt. Das Gleiche gilt für das Thema Schuhe. Durch die Regel ist jetzt eindeutig festgelegt, dass Sicherheitsschuhe des Typs S1 P getragen und vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssen. Das war lange ein Streitpunkt. Manche Beschäftigten wollten lieber Turnschuhe tragen, manche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber keine Sicherheitsschuhe finanzieren.

„Manche Beschäftigten wollten lieber Turnschuhe tragen, manche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber keine Sicherheitsschuhe finanzieren.“
Markus Wanck

Zu welchem Einsatzzweck und für wen ist die Regel gedacht?

Die Regel ist eine Art Standard- und Nachschlagewerk für die Praxis. Sie bringt Regelungen und Vorschriften aus verschiedenen Bereichen zusammen, erläutert und konkretisiert sie. Sie eignet sich für die Ausbildung, aber auch für ausgelernte Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger, die schnell mal etwas nachschlagen wollen, beispielsweise Schutzmaßnahmen beim Kehren von freistehenden Schornsteinen.

Illustration eines Lautsprechers mit Briefen.
Bild: Julien Eichinger - stock.adobe.com

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Auch lässt sich auf die Regel als Rechtsgrundlage verweisen, wenn sicherheitstechnische Mängel bei der Kundin oder dem Kunden festgestellt werden. Darüber hinaus soll die Regel für Schulungen genutzt werden, um möglichst alle Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger für den Arbeitsschutz zu sensibilisieren beziehungsweise auf den neuesten Stand zu bringen.

Könnten Sie uns kurz den Entstehungsprozess der Regel erläutern?

Die Regel wurde von einer Arbeitsgruppe aus Gewerkschaftsvertretern, Arbeitgebervertretern und Experten der BG BAU erstellt. Die Gruppe hatte das Ziel, etwas Praxisnahes zu schaffen, und das ist, denke ich, auch gelungen! Ausgangspunkt war die gemeinsame Auffassung, dass die tollste Regel nichts hilft, wenn sie in der Praxis nicht gelebt wird. Wir haben wirklich viel Aufwand betrieben, um relevante Inhalte zusammenzutragen und diese möglichst verständlich darzustellen. Manchmal gab es hierbei auch unterschiedliche Meinungen. Die Experten der BG BAU und alle weiteren Beteiligten haben dann aber immer sehr lösungsorientiert zusammengearbeitet. Die Regel enthält übrigens nicht nur Text, sondern auch zahlreiche neu erstellte Infografiken.

Titelbild DGUV Regel 101-021 Schornsteinfegerarbeiten
Bild: BG BAU

Schornsteinfegerarbeiten

DGUV Regel 101-021 (bisher BGR 218)
Fassung September 2022

Wie wird die neue Schornsteinfegerregel bekannt gemacht?

Es soll eine bundesweite Fortbildungsreihe zur neuen Regel geben. Wichtigster Partner sind hierbei die Innungen, in denen circa 90 Prozent aller Schornsteinfegerbetriebe organisiert sind. Die Schulungen haben punktuell schon begonnen und sollen bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Auch die BG BAU ist beteiligt. Sie bietet Multiplikatoren-Schulungen an, um Referentinnen und Referenten zu den Inhalten der neuen Regel fit zu machen. Und nicht zuletzt haben wir zwei Exemplare für jeden Betrieb drucken lassen, die über die jeweils zuständige Schornsteinfegerinnung verteilt werden. Es wäre schön, wenn bald alle Schornsteinfegerinnen und Schornsteinfeger ihr eigenes Exemplar zu Hause stehen hätten – und es natürlich auch benutzen!

Das ist das Logo zur Digitalen Gefährdungsbeurteilung.
Bild: H.ZWEI.S Werbeagentur GmbH - BG BAU

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21. März 2023

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